199 Stunden Französisch – am Stück

Zwei Wochen alleine nach Frankreich? Aber sicher! Deborah Werz (9a) hat sich das getraut und 199 Stunden Französisch in Frankreich erlebt – dies ist die ungefähre Anzahl der Stunden, die sie (wach) in Frankreich war, die Schlafenszeit abgezogen. Ein kurzweiliger Tagebuchbericht über lehrreiche und lustige Tage in Frankreich voller interkultureller Erfahrungen. Vorsicht: Macht Lust auf Austausch!

 Die Personen
- Camille: meine Austauschpartnerin
- Quentin: Camilles Bruder
- Brigitte: Camilles und Quentins Mutter
- Frédéric: Camilles und Quentins Vater
- Caiko: die Hündin der Familie
- Gribouille: die Katze der Familie
- Cassis: Camilles Kaninchen

Deborah Camille quer Custom
Camille und Deborah

Montag, den 22.04.2019
Um 18 Uhr sind mein Vater und ich endlich in Habsheim angekommen. Sofort wurden wir von Camille und ihrer Familie – inklusive Caiko – begrüßt. Beim ersten Rundgang durch das Haus lernte ich dann auch Cassis und Gribouille kennen. Anschließend haben wir im Garten etwas getrunken und uns (wegen meinem Vater noch auf Deutsch) unterhalten.
Nachdem mein Vater sich auf den Heimweg gemacht hatte, habe ich meine Sachen ausgepackt. Obwohl Gribouille erst skeptisch war, strich sie dann oft um meine Beine.
Abends waren Camille, Quentin, Brigitte, Caiko und ich spazieren. Ich war unglaublich froh, dass Brigitte Deutsch spricht, denn auf Französisch habe ich fast nichts verstanden. Es ist ein riesiger Unterschied, ob man im Unterricht ist oder versucht, einer Unterhaltung zu folgen oder sich sogar selbst zu unterhalten.
Schon am ersten Tag war ich froh, dass ich mich getraut habe und mich für den Austausch angemeldet habe!

Dienstag, den 23.04.2019
Aufgewacht bin ich um 6.10 Uhr, als der Wecker geklingelt hat. Richtig wach war ich aber erst, als eine Katze auf mein Bett gesprungen ist und mich angemaunzt hat!
Nach dem Frühstück ging es mit dem Bus zur Schule. Ich war extrem aufgeregt, was sich nicht gerade gebessert hat, als ich gesehen habe, dass die Schule um einiges größer ist als das GUS. Im Unterricht habe ich teilweise einzelne Wörter verstanden. Aber wirklich mitgekommen bin ich nur in Englisch und Mathe. Schon am Ende des Schultages habe ich jedoch mehr Wörter verstanden. Es ist allerdings total anstrengend und ich muss mich ständig konzentrieren: Ich weiß einfach nicht, wie man so schnell reden kann!!!
Nach der Schule sind wir in den Reitstall gefahren. Ich habe Camille und Quentin beim Reiten zugeschaut und zwei andere Mädchen kennengelernt, die ich natürlich nicht verstanden habe, wenn sie miteinander geredet haben.
Immerhin habe ich am Dienstag schon einiges verstanden, wenn man mit mir geredet hat – schon mal ein Fortschritt!

Mittwoch, den 24.04.2019
Am dritten Tag haben mich Camilles Freunde begrüßt, als würden wir uns schon eine Weile kennen. Sofort hatte ich das Gefühl, dazuzugehören und ich fühlte mich nicht mehr (so) verloren.
Im Unterricht habe ich schon etwas mehr verstanden, natürlich ohne Zusammenhang. Kurz dachte ich, ich hätte Herr Kiefer gesehen: ein anderer Lehrer sieht Herr Kiefer von hinten ziemlich ähnlich. Das Schulsystem ist mir aber ein Rätsel: es gibt zwei verschiedene Klingeltöne...
Mittags habe ich mit Quentin gegessen, weil Camille einen Arzttermin hatte. Die Verständigung war etwas schwierig, da er kein Wort Deutsch spricht.
Im Stall habe ich wieder andere Mädchen getroffen. Diesmal durfte ich auch reiten. In der Reitstunde habe ich aber nichts verstanden, daher war es gut, dass wir Abteilung (d. h. alle Pferde laufen hintereinander und machen das Gleiche) geritten sind.

Donnerstag, den 25.04.2019
In der Schule sollte ich donnerstags in Geschichte etwas vorlesen – zumindest glaube ich, dass es Geschichte war, in der Schule dort ist Geschichte und Erdkunde zusammengelegt. Ich weiß bis heute noch nicht, was genau ich vorgelesen habe, nur dass es um eine „nouvelle route“ ging, also um eine neue Straße oder Route.
Als Camille, Quentin und ich mit Caiko spazieren waren – im Französischen sagt man „wir spazieren Caiko“ –, haben wir die Großeltern von den beiden besucht. Sie waren sehr nett und der Opa hat mir Bilder von Camille, Quentin und Caiko von früher gezeigt.

Freitag, den 26.04.2019
Am Freitag ist mir aufgefallen, dass sie auch freitags Mittagsschule haben. Im Unterricht habe ich immer mehr verstanden, aber vor allem in Physik und Bio/Chemie war ich ratlos.
Abends sind Camille und ich zum Schwimmen gefahren. Auch dort habe ich fast nichts verstanden, aber die Namen der verschiedenen Schwimmstile wurde mir schon im Voraus gesagt. Das Schwimmtraining dort ist um einiges entspannter als bei mir im Verein. Viele der anderen Mädchen waren erstaunt, wie viel Englischunterricht wir haben – in Frankreich sind es nur zwei Wochenstunden.
Nach dem Schwimmen haben wir auf dem Geburtstag von Camilles Tante gegessen. Es hat sehr gut geschmeckt, aber der Kartoffelsalat war komplett anders als hier. Weil Camille und ich müde waren, sind wir nach dem Essen wieder gefahren und haben uns einen Film angeschaut – auf Englisch mit französischen Untertiteln.

Samstag, den 27.04.2019
Am Samstag waren wir Golfen. Ich habe es das erste Mal gemacht, daher waren die anderen natürlich besser als ich. Trotzdem hat es sehr viel Spaß gemacht. Besonders Frédéric hat mir viel gezeigt.
Nachmittags haben wir Colmar besucht. Colmar ist die bunteste Stadt, die ich je gesehen habe! Ich habe bemerkt, dass ich jetzt schon unbewusst etwas aus Gesprächen raushören kann. Abends waren wir noch essen. Bei der deutschen Karte habe ich sehr viele Fehler bemerkt, zum Beispiel stand da „meine Opa Tartine auf Salat“.
Als wir zu Hause waren und uns eigentlich schlafen legen wollten, hatte sich Gribouille auf mein Bett gelegt und wollte nicht runtergehen! Immer, wenn wir sie weggelockt oder weggetragen haben, ist sie sofort wieder hochgesprungen. Schließlich haben wir sie vor die Tür gesetzt und diese zugemacht.

Sonntag, den 28.04.2019
Sonntag haben wir eine Burg besucht. Vor allem die Aussicht war sehr schön! Inzwischen verstand ich schon viel mehr, sogar wenn es nicht an mich gerichtet ist und die Menschen sich unterhalten.
Später gingen wir auf den „Montagne des Singes“, einen Affenberg, auf dem Berberaffen frei herumlaufen. Leider hat es schnell angefangen zu regnen, als wir in der Burg waren, war es meistens sonnig. Nachdem der Regen aufgehört hat, sind wir nochmal auf den Berg gegangen. Die Affen haben das für sie bestimmte Popcorn aus der Hand genommen und wir haben auch viele kleine Äffchen gesehen. Ein ganz junger Affe war so klein, dass er noch bei seiner Mutter war.

Montag, den 29.04.2019
Als wir an der Schule angekommen sind, ist mir aufgefallen, dass der Vertretungsplan dort komplizierter war. Es ist nicht nach Klassen, sondern nach Lehrern und Stunden geordnet.
Im Sportunterricht sind wir geklettert. Obwohl ich dies nicht so mag, hat es sehr viel Spaß gemacht. Am Ende hat Camille sich aber an der Tür den Finger gestoßen. Als er dann blau wurde, hat Frédéric uns früher abgeholt.
Nach der Schule haben wir nochmal Camilles Großeltern besucht und sind mit Caiko spazieren gegangen. Dabei wurden wir von einer Katze verfolgt, die jedoch bald von Caiko verjagt wurde.

Dienstag, den 30.04.2019
Am Dienstag habe ich zwei Dinge gemerkt: dass ich schon ziemlich viel verstehe und dass es sehr anstrengend ist, täglich bis 18 Uhr Schule zu haben. Allein deshalb würde ich nicht gerne auf diese Schule gehen.
Im Stall habe ich Camille und Quentin wieder zugeschaut und war viel bei den Pferden.
Abends haben wir Pizza gegessen und UNO und noch ein anderes Spiel gespielt. Das andere habe ich aber nicht verstanden, daher gab es eine weitere Runde UNO.

Mittwoch, den 01.05.2019
Der erste Mai ist auch in Frankreich ein Feiertag. Daher fiel die Schule aus.
Da die anderen Kinder in meiner Reitstunde nicht da waren, war ich alleine und hatte eine Einzelstunde. Es war etwas schwierig, da die Reitlehrerin kein Deutsch konnte und ich sie nicht verstanden habe, aber auf Englisch haben wir uns dann verstanden. Über die Aussprache kann man sich aber streiten...
Danach haben Quentin, Frédéric und ich noch eine Fahrradtour durch den Wald und am Ufer von einem Fluss gemacht. Es war sehr schön, aber das Fahrrad war etwas ungewohnt.

Donnerstag, den 02.05.2019
Als ich am Donnerstag aufgewacht bin, ist mir aufgefallen, dass ich auf Französisch geträumt habe. Leider habe ich nicht verstanden, was ich gesagt habe.
In der letzten Stunde hatte Camilles Klasse eine Englisch-Arbeit geschrieben. Als Camille fertig war, hat der Lehrer uns rausgeholt und in einen anderen Raum gebracht, in dem schon zehn andere Kinder waren. Es hat sich rausgestellt, dass in Camilles Stufe insgesamt sechs Austauschschüler waren. Ein Lehrer wollte dann von uns wissen, was der größte Unterschied zwischen der Schule in Frankreich und der in Deutschland ist und wie uns der Austausch gefallen hat. Er hat uns allen Salzstangen angeboten und wir haben ein Gruppenbild gemacht.

Freitag, den 03.05.2019
Am Freitag war mein letzter Tag in der Schule. Ich war ziemlich froh, bald wieder um halb vier bzw. um eins nach Hause gehen zu können. Mir ist auch aufgefallen, wie vertraut mir schon alles geworden ist und wie viel ich schon verstehe.
Nach der Schule waren wir wieder beim Schwimmen. Diesmal habe ich schon viel von alleine verstanden.
Abends sind wir noch mir Caiko spazieren gegangen und haben etwas gespielt.

Samstag, den 04.05.2019
Am Samstag sind Camille und ich in den Zoo gegangen. Ich habe schon viel verstanden. Der Zoo war total schön, obwohl das Wetter – wie meistens in den zwei Wochen – nicht sehr schön war.
Nachmittags waren wir auf einem Geburtstag von Camilles Freundin. Wir waren bowlen. Obwohl ich eindeutig die schlechteste war, hat es sehr viel Spaß gemacht. Ein Freund von Camille hat immer versucht, mich nach (häufigen) Fehlschlägen aufzumuntern, aber es hat mir sowieso nichts ausgemacht.
Abends habe ich schon angefangen zu packen.

Sonntag, den 05.05.2019
Morgens habe ich meine Sachen noch fertiggepackt und nach dem Mittagessen sind wir in einen Zirkus gegangen. Es war sehr schön und besonders das Trapez und die Seehunde haben mir gefallen. Bei den Pferden hat man aber gemerkt, dass sie nicht besonders viel Spaß haben. In der Pause haben wir Zuckerwatte gegessen. Nach der Vorstellung haben wir noch das Gelände besichtigt. Die Pinguine sahen auch nicht sehr glücklich aus, weil es (ausnahmsweise) warm war, aber sie konnten immer schwimmen gehen.
Abends, als meine Eltern gekommen sind, war ich überglücklich, sie wieder zu sehen. Ich hatte zwar kein Heimweh, aber natürlich habe ich meine Familie vermisst. Wir haben noch etwas mit der Familie geredet und sind dann nach Hause gefahren.

Mein Fazit
Alles in allem war es eine Zeit, die ich nie vergessen werde! Ich musste lange überlegen, ob ich mich anmelden soll. Als Tipp für alle anderen: Traut euch! Ihr werdet viel lernen und eine unvergessliche Zeit haben! Und sogar, falls es euch nicht gefallen sollte: die Zeit geht sehr schnell vorbei. Ich bin mir sicher, dass wenn ich mich nicht angemeldet hätte, ich es bereut hätte.

Text und Bild: Deborah Werz (9a)

P.S.: Diesen Bericht können Sie unter anderen auch in der aktuellen, z. B. auf dem Schulfest zu erwerbenden Ausgabe unserer Schülerzeitung „Fragezeichen“ lesen.

 

Gegenbesuch in Deutschland (1. bis 14. Juli 2019)

Knapp zwei Monate nach Deborahs Aufenthalt in Frankreich folgte der Gegenbesuch und Camille Hartmann kam für zwei Wochen ans Gymnasium Unterrieden. Dabei bereicherte sie auch den Französischunterricht und hielt eine Präsentation über das Elsass, ihre Heimatregion. Authentischerer Französischunterricht geht kaum.

Camille Bild 1
Camille berichtet über ihre Heimatregion, das Elsass

Wer jetzt selbst Lust bekommen hat, an einem individuellen Schüleraustausch mit Frankreich teilzunehmen, der kann sich hier (https://www.km-bw.de/dfsaustausch) informieren. Die Aufenthaltsdauer in Frankreich beträgt zwischen zwei Wochen und sechs Monaten; für dieselbe Dauer nimmt man natürlich auch den Austauschpartner bei sich auf. In den vergangenen Jahren (und auch dieses Jahr) haben sich wiederholt Schüler und Schülerinnen vom Gymnasium Unterrieden für diese Form des Austauschs beworben und auch einen Platz bekommen.

Text und Bild: Mai